Erinnern
Wenn wir uns erinnern, denken wir an früher. Wir lassen vergangene Ereignisse wieder lebendig werden. Wir wenden uns unserem Gedächtnis zu. Innere Bilder kommen uns in den Sinn und Empfindungen, die damit verbunden sind.
Wir erinnern uns dabei an Gerüche, an Geräusche und Musik. Vielleicht an den Geschmack eines besonderen Gerichtes, das wir als Kind gegessen haben. In Erinnerung bleibt, was unsere Sinne und unser Herz berührt hat.
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Ihre Erinnerung ist persönlich geprägt und deshalb für Sie wahr. Eine andere Person wird sich vermutlich anders als Sie an dieselbe Situation erinnern.
Mit der Zeit vergessen wir vieles. Vielleicht, weil es nicht wichtig ist. Oder weil wir etwas bewusst vergessen wollen. Soll eine Erinnerung hingegen lebendig bleiben, kann es helfen, diese aufzuschreiben. So gesehen können wir unseren Erinnerungsschatz auch ein wenig formen.
Ihre Stimmung beeinflusst ihre Art, sich zu erinnern. An einem glücklichen Tag werden Ihre Erinnerungen heiter sein. Sind Sie dagegen in düsterer Stimmung, kann sich das abfärben und Ihre Erinnerung prägen.
In unserem Gespräch thematisieren Sie nur das, was Sie möchten. Heile Welt, Berg- und Talfahrt, steiniger Weg...? Sie entscheiden, was im Zentrum stehen soll. Und was Ihr Geheimnis bleiben soll.
Sie können frisch von der Leber weg reden. Nicht alles, was Sie sagen, muss aufgeschrieben werden. Das können Sie mir während oder nach unserem Gespräch sagen. Oder später, wenn wir den Text besprechen.
Und wenn es Zeit ist, einmal nichts zu sagen, ist das auch recht. Wer sich erinnert, muss auch mal nachdenken. So können wir am Ende vielleicht gemeinsam einer Erinnerung auf die Spur kommen.
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Vielleicht haben Sie das Bedürfnis, Bilanz zu ziehen. Und möchten an eine Vielzahl von Ereignissen und Gegebenheiten Ihres Lebens denken: Momente des Glücks, schwere Momente, Wendepunkte, Meilensteine, Stolpersteine, grosse Taten, alltägliche Handlungen, Entscheidungen und Veränderungen. Ereignisse, die von aussen kamen und mit denen sie sich arrangieren mussten. Oder Ereignisse, die Sie bewusst herbeigeführt haben.
Vielleicht interessiert Sie gerade jetzt ein bestimmter Abschnitt Ihres Lebens. Zum Beispiel Ihre Kindheit. Wie man früher gelebt und gearbeitet hat. Oder Sie rücken die Zeit von gerade (mit-)erlebter Schwangerschaft und Geburt ins Zentrum. Jahre mit den Kindern. Spätere Jahre. Ein Leben ohne Kinder. Ein Leben fern der Heimat. Ein Aufbruch. Die Verwirklichung Ihrer Interessen. Das Anpacken einer Aufgabe. Ihr persönliches Engagement im Dienst einer Sache.
Vielleicht möchten Sie eine Begegnung mit jemandem schildern, der Ihr Leben beeinflusst hat. Oder sporadische Begegnungen und Unternehmungen mit immer derselben Person, zum Beispiel einem Patenkind. Eine Freundschaft. Oder auch Erinnerungen an jemanden, der nicht mehr da ist.
Wir könnten uns auch einem klar umrissenen Thema zuwenden: Ihr/e Lieblingsplatz/-plätze in dieser Welt. Jährlich wiederkehrende Feste und Rituale in Ihrer Familie. Eine Feier und die Vorbereitungen, die es dazu brauchte. Ein Hausbau. Oder eine Reise (sehen Sie dazu meinen persönlichen Text unter "Textbeispiel").
Es könnte ein Bedürfnis sein, Ereignisse chronologisch festzuhalten und teilweise auszuschmücken. Oder ein spezifisches Wissen aufzuschreiben (Gartenarbeit, Rezepte, Selbstgemachtes…). Oder vielleicht möchten Sie ganz einfach Ihren Alltag schildern. „Was habe ich denn eigentlich die ganze Zeit gemacht?“, oder „Wo ist denn nur all die Zeit geblieben?“, das sind Fragen, die ich schon gehört habe.
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Vollständigkeit kann nicht das Ziel sein. Unsere Erinnerung ist immer lückenhaft. So gesehen kann man sich dem Erinnern einfach hingeben und sich treiben lassen. Und mit Worten können wir eine Erinnerung auch immer nur unzureichend beschreiben. Aber eine Beschreibung in Worten kann uns an Vergangenes heranführen. Und uns dabei unterstützen, dem, was gewesen ist, innerlich in grösserer Breite wieder zu begegnen, wenn wir das wünschen.
Ein Text entlastet und ergänzt unser Gedächtnis. Er weckt und festigt das Wissen über frühere Zeiten und lässt lebendig werden, was damit verknüpft ist. Aufgeschriebene Erinnerungen sind Brücken in die Vergangenheit, sowohl für uns selbst wie auch für Menschen, die uns nahe stehen.